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Frust und Lust im Freiwilligenengagement

by | 13. Okt. 2021

Nicht alles läuft rund im Freiwilligenengagement der palliativen Versorgung. Welche Situationen frustrieren Freiwillige? Und wie lässt sich dies vermeiden? Im Folgenden einige Anregungen.

 

1. Nicht-Gebraucht-Werden

Die Ausbildung wurde mit viel Engagement und Enthusiasmus angegangen, evtl. absolvierte die Freiwillige noch ein Praktikum in einem Alters- oder Pflegeheim und dann vergehen Wochen und allenfalls Monate bis es zum ersten Einsatz kommt. Nicht-Gebraucht-Werden, weil der Hospiz- oder Entlastungsdienst zu wenige Anfragen für Begleitungen erhält, ist für die Freiwilligen frustrierend.

Die Leitung von Freiwilligengruppen muss daher vorausschauend planen und den tatsächlichen Bedarf realistisch einschätzen (Bedarfsplanung). Gegebenenfalls sollte sie eine Warteliste mit Interessenten führen. Alternativ bietet sich an, dass eine neue Freiwillige eine erfahrene Freiwillige bei ihren ersten Einsätzen begleitet (im Tandem). Schliesslich können regelmässige Treffen der Freiwilligen oder Weiterbildungsveranstaltungen mithelfen, die Motivation der Freiwilligen zu erhalten, auch wenn sie derzeit nur sporadisch zum Einsatz kommen.

 

2. Erst im allerletzten Moment gerufen werden

Koordinationspersonen und Freiwillige werden oft sehr spät hinzugerufen (in den letzten Tagen oder gar Stunden des Lebens eines Schwerkranken). Das macht es für die Freiwilligen schwierig, eine Beziehung zum Patienten und seiner Familie aufzubauen.

Gründe dafür können sein, dass die Hospizgruppe und ihr Angebot zu wenig bekannt sind. Im Weiteren haben manchmal Angehörige Mühe, einer „fremden“ Person intime Einblicke in die familiäre Situation zu gewähren. Lieber versuchen sie, die Begleitung im familiären Kreis zu organisieren und um Hilfe wird erst gebeten, wenn alle internen Kräfte aufgebraucht sind.

Diese Befürchtung ist gemäss einer Befragung von Familienangehörigen, welche den Dienst einer Hospizgruppe in Anspruch nahmen, unbegründet. 95% aller Befragten erlebten keine Störung der Privatsphäre durch die freiwillig Engagierten (1).

Aufklärung über die Ziele und Anliegen der Gruppe, die Sensibilisierung und ein ständiges Sich-In-Erinnerung-Rufen dürfte zum Alltag von Hospizgruppen gehören (beispielsweise durch regelmässige Updates der Hausärzte oder der Spitex). Ansonsten droht die Hospizgruppe vergessen zu gehen.

 

3. Nicht-Ernst-Genommen-Werden durch die Profis

In der palliativen Versorgung sprechen alle von Teamarbeit. Das Bundesamt für Gesundheit spricht in ihrer Broschüre zum Thema Freiwillige in der palliativen Versorgung von der „tragenden Säule“ (S. 2). Dies bedeutet aber auch, dass Freiwillige von den Professionellen akzeptiert, wertgeschätzt und als integraler Bestandteil der palliativen Betreuung betrachtet werden. Die Ergebnisse von Befragungen von Freiwilligenpersonen zeigen, dass Freiwillige von den Patient:innen und ihren Angehörigen sehr geschätzt werden. Gleichzeitig geben die Befragten jedoch an, diese Wertschätzung von Ärzten, Pflegefachpersonen oder Sozialarbeitende nicht im selben Ausmass zu erfahren.

Profis sollten daher Freiwillige und ihren spezifischen Beitrag wertschätzen, sie (unter)stützen und ihnen auf derselben Augenhöhe begegnen. Gleichzeitig müssen Hospizgruppen wohl von den Profis und den Versorgungsstrukturen diese Anerkennung immer wieder einfordern.

 

4. Was darf ich und was nicht?

Manchmal sind Freiwillige unsicher, was sie dürfen und was nicht und welche Aufgaben klar im Zuständigkeitsbereich der professionellen Begleitpersonen liegen. Solche Unklarheiten können für Freiwillige eine Belastung darstellen. Rollen- und Aufgabenklärung ist daher wichtig.

 

5. Freiwilligenengagement – neben Herausforderungen auch viel Befriedigung

Die genannten Stolpersteine haben mit strukturellen Fragen und Fragen nach Klärung zu tun, welche oft die Hospizgruppenleitung bzw. ihr Vorstand bearbeiten müssen. Für einzelnen Freiwilligen stellt die Begleitung von Schwerkranken, Sterbenden und ihren Familien eine wichtige, bereichernde und oft sehr zufriedenstellende Erfahrung dar:

  • Zu spüren, dass man das Leben von Betroffenen erleichtern konnte.
  • Zu lernen, was einen durch das Leben trägt und was im eigenen Leben wirklich wichtig ist.
  • Oder eine etwas grössere Gelassenheit dem Sterben und Tod gegenüber zu entwickeln.

All dies Erfahrungen, welche hoffentlich allen Beteiligten die Kraft geben, die noch bestehenden Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

 

6. Verwendete Literatur

Image by geralt from Pixabayfrom PixabayPixabay